Autoren und das Internet
Fünf Monate ist es her, dass ich den letzten Tagebucheintrag veröffentlicht habe. Ich musste ihn mir nochmal durchlesen, um mich überhaupt daran zu erinnern, was ich hier zuletzt verzapft habe.
Es ist wirklich viel passiert in dieser Zeit. Leider nicht nur gute Dinge. Aber auf diese möchte ich momentan nicht eingehen, vielleicht ein anderes Mal.
Jetzt möchte ich über etwas schreiben, dass mich im letzten Monat umgetrieben und meine Arbeit als Schriftstellerin stark verbessert hat. Spoileralarm: Das Internet spielt dabei eine tragende Rolle.
Die Entdeckung der sozialen Medien
Ja, ich bin in diese für mich noch immer fremde Welt vorgedrungen. Eigentlich ist mein Twitter-Account ja schon seit eineinhalb Jahr aktiv, aber ich habe ihn nie wirklich benutzt, habe dort nur etwas gepostet, wenn ich einen neuen Text veröffentlicht habe, und war dementsprechend unsichtbar.
Und genauso war für mich die dort existierende Schreibenden-Bubble unsichtbar. Eine Community von Autoren, die in regem Austausch miteinander stehen. Die ihren Schreiballtag, ihre Erfolge, aber auch ihre Unsicherheiten teilen und sich so gegenseitig unterstützen und inspirieren.
Genau das also, was ich bisher zum Beispiel in Foren vergeblich gesucht habe (obwohl das vielleicht ebenso an meiner mangelnden Aktivität dort liegt).
Und nun, wo ich seit etwas mehr als einem Monat wirklich aktiv auf dieser Plattform bin, gehöre ich dazu! Ich habe meine Bubble gefunden und das ist einfach großartig!
Auch meine Angst, mich durch den Vergleich mit anderen Autoren nur schlecht zu fühlen, hat sich nicht bestätigt. Im Gegenteil, es beflügelt mich, zu sehen, was sie schaffen. Denn oft kämpfen sie mit den gleichen Dämonen wie ich.
Der Motivationsschub, den ich dadurch bekommen habe, ist vergleichbar mit dem, den mir Schreibkurse und -gruppen bisher gegeben habe. Sicher ist es immer noch etwas anderes, seine Texte direkt zu teilen und sich darüber auszutauschen. Aber auch der Online-Kontakt gibt mir das Gefühl, weniger einsam zu sein und nicht allein in meinem Kämmerchen zu hocken.
Außerdem habe ich, dank diesem neuen Kanal, ein für mich sehr hilfreiches Angebot entdeckt: Co-Working-Streams.
Da sitzen dann Schriftsteller und andere kreative Menschen (wahrscheinlich auch einige ohne einen solchen Hintergrund) zusammen vorm PC, sehen jemandem beim Arbeiten zu, machen es ihm nach und tauschen sich über das aus, was sie geschafft haben.
Wie genial ist das denn bitte? Für mich auf jeden Fall ein neues Mittel zur Motivation. Gerade wenn ich nach dem Brotjob keine Lust mehr habe, mich noch einmal an den Schreibtisch zu setzten.
Es ist absurd, dass all das so lange an mir vorbeigegangen ist. Warum habe ich mich dagegen gesperrt? Ich fühle mich wie ein Boomer, der das Internet neu entdeckt und feststellt, dass es ja gar nicht so böse, sondern eigentlich total praktisch ist (nicht ganz frei erfundenes Beispiel).
Trotzdem wäre es falsch, zu sagen, dass alles nur positiv ist. Schließlich treffen auf Social Media oft extreme Meinungen aufeinander. Da man nicht um toxische Diskussionen herum. Und ja, auch ich habe solche schon mitbekommen und sie haben mich belastet.
Leider fällt es mir nicht immer leicht, derlei Themen und Unterhaltungen, zu ignorieren. Obwohl ich schnell merke, wenn sie mir nicht guttun.
Ich bin sehr politisch und tausche mich gern mit Menschen aus, die nicht meiner Meinung sind. Ich empfinde das oft als bereichernd. Aber auf den sozialen Medien ist für viele Leute die Welt entweder schwarz oder weiß. Es geht öfter darum, Recht zu behalten, als um einen respektvollen Dialog miteinander (ein bisschen, wie eine Diskussion mit meinem Stiefvater). Dabei ist Respekt für andere Ansichten die Grundlage für eine gute Debatte und Demokratie im Allgemeinen.
Das ist zumindest meine Meinung.
Puh, da bin ich etwas weit abgedriftet. Worauf ich eigentlich hinaus wollte, ist dass ich meine persönlichen Grenzen noch finden und ziehen muss. Ich muss mich bewusster entscheiden, welche Themen ich verfolge, welche Threads ich lese und zu welchen ich mich äußere.
Im Großen und Ganzen werde ich auf Twitter über das Autorenleben und meinen Schreiballtag sprechen. Aber ich will auch Politisches nicht vollkommen ausklammern.
Ja, es gäbe natürlich die Möglichkeit, mir für diese Dinge einen Extra-Account zuzulegen und das wäre zudem marketing-technisch wahrscheinlich cleverer. Doch ich möchte Social Media als Mensch nutzen und nicht nur als Autorin, deswegen werde ich es nicht auf diese Weise trennen.
Insbesondere Mental Health wird bei mir immer wieder Thema sein. Als Betroffene ist es mir wichtig, damit offen umzugehen, auch um Stigmata zu bekämpfen.
Welche Bereiche ich darüber hinaus bespielen werde, weiß ich wie gesagt noch nicht. Wenn, dann wird das aber nur am Rande eine Rolle spielen. Z. B., indem ich mal einen Tweet like, der mir gefällt (vermutlich aus der Links-Grün-versifften-Bubble, nur damit du Bescheid weißt), mich ansonsten jedoch wenig oder gar nicht aktiv an Diskussionen beteilige. Das hat nichts mit mangelndem Engagement zu tun, sondern mit Prioritätensetzung und ein Stück weit auch mit Selbstschutz (wie gesagt Mental Health und so).
Wenn du also mehr über mich und meinem (Schreib-)Alltag wissen willst, folge mir gern auf Twitter: @tintenlilli, falls du das noch nicht tust.
Ab sofort gibt es dort regelmäßig Updates, versprochen.
Apropos Schreiballtag
Wie oben schon angedeutet, hat sich die Nutzung von sozialen Medien bisher positiv auf meine Produktivität ausgewirkt.
Obwohl ich bei der neuen Stelle im Brotjob, für meine Begriffe (noch) zu viel arbeite, schaffe ich beim Schreiben und dem ganzen Kram darum herum, gerade wesentlich mehr als sonst.
Im Vergleich zum April habe ich im Mai durchschnittlich pro Woche zehn Stunden zusätzlich in diese Aufgaben investiert und insgesamt doppelt so viel Zeit damit verbracht. (Ja, ich schreibe mir das auf, ich habe dafür sogar eine eigene Exceltabelle entworfen. Nein, ich bin nicht verrückt. Obwohl, vielleicht ein bisschen.)
Das meiste davon ist in die Überarbeitung von Wiedergeburt geflossen. Stand heute liegen noch etwas über sechzig Seiten vor mir, plus ein paar kleinere Anpassungen in den bereits fertigen Kapiteln.
Bis zum Beginn meines Schreibkurses im Juli will ich damit durch sein und den Text an ein paar Testleser geben. Erstmal nur Familie und Freundeskreis. Und ja, ich weiß, dass man da seine Fühler weiter ausstrecken und auch Leute ins Boot holen sollte, die selbst schreiben, beziehungsweise sich damit auskennen.
Aber bevor ich über diesen und weitere Schritte nachdenke, möchte ich mir unbedingt ein paar Erfahrungsberichte aus Autorenkreisen anhören, welche Möglichkeiten der Veröffentlichung es gibt und was dabei zu beachten ist. Gerade zum klassischen Weg will ich mich intensiver informieren.
Denn darauf wird es bei mir wahrscheinlich hinauslaufen: Ich werde es erst einmal mit einer Verlagsbewerbung versuchen.
Um ehrlich zu sein, traue ich mir nämlich Selfpublishing und vor allem die dazugehörige Vermarktung nicht zu. Ich habe mich schon ein wenig damit beschäftigt und der Gedanke daran, all diese Aufgaben und die Last allein tragen zu müssen, sorgt bei mir hauptsächlich für Stress.
Ich denke, ich möchte die Zeit und die Energie, die die Veröffentlichung auf eigene Faust bedeuten würden, lieber fürs Schreiben nutzten. Und wenn das bedeutet, dass ich am Ende doch ein System unterstütze, dass ich für überholt halte, mir aber viel Kraft spart, ist es das vielleicht wert.
Wir müssen alle Opfer bringen, um unsere Träume zu erfüllen.
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