Ich habe keine Lust
Seit Ende Dezember schiebe ich diesen Tagebucheintrag vor mir her und meine Motivation ist immer noch gleich null.
Den ganzen November und Anfang Dezember habe ich mit der Arbeit an Wiedergeburt zugebracht und bin nun mit der zweiten Überarbeitungsphase durch. Ich bin auf die Anmerkungen meiner Lektorin zu Ablauf und Charakterentwicklung eingegangen und habe dabei gefühlt die Hälfte des Textes noch einmal neu geschrieben.
Jetzt ruht das Manuskript und ich werde mich demnächst wieder ans Lesen und anschließend an den nächsten Überarbeitungsschritt machen: Beschreibungen und Dialoge verbessern.
Ja die Arbeit nimmt kein Ende und auch, wenn sie mir wirklich Freude macht, bleib daneben wenig Energie für die Arbeit an meiner Webseite, Kurzgeschichten oder auch nur meinem Tagebuch.
Und dieser Energiemangel macht sich in meiner absoluten Lustlosigkeit bemerkbar. Das hier ist mein dritter Anlauf endlich wieder einen Eintrag zu verfassen.
Zweifel
Ich habe auch nicht wirklich das Gefühl, etwas zu erzählen zu haben. Die Überarbeitung eines Romans gibt nicht viel Stoff her.
Deswegen habe ich beschlossen etwas tiefer in meine Gefühlswelt vorzudringen und dir anzuvertrauen, was mir momentan so im Kopf herumgeht: Ich zweifle.
Nicht an meinem Roman, was eine echte Abwechslung und eine wahre Erleichterung ist. Denn umso länger ich an dem Text arbeite, umso besser gefällt er mir. Es fühlt sich wie ein Reifungsprozess an und auch wenn ich bis zum Ziel noch eine weite Strecke zurücklegen muss, kann ich es doch am Horizont sehen.
Nein meine Zweifel betreffen das, was danach kommt. Eigentlich hatte ich vor Wiedergeburt Kapitelweise hier zu veröffentlichen, für jeden sichtbar. Aber eben diese Sichtbarkeit ist es, die momentan nicht gegeben ist und das liegt, wie ich zugeben muss, hauptsächlich an mir.
Ich bemühe mich nicht genug darum, Menschen auf meine Webseite zu locken, mache zu wenig Werbung, habe zu wenig Social Media-Präsenz. Und um ehrlich zu sein, glaube ich, dass ich für diese Dinge auch zukünftig nicht genug Energie aufbringen kann.
Du musst wissen, ich bin kein besonders extrovertierter Mensch. Mich hier so zu öffnen, schaffe ich eigentlich nur, weil ich hoffe, andere Schriftsteller, die vielleicht mit den gleichen Dämonen zu kämpfen haben, zu inspirieren und ihnen das Gefühl zu geben, nicht allein zu sein. (Und weil ich es schriftlich machen kann und es nicht aussprechen muss, das hilft schon ungemein.)
Das war, glaube ich, auch der Hauptgrund, warum der Schreibkurs, den ich inzwischen jährlich besuche, mir damals so geholfen hat: Zu sehen, dass andere mit den gleichen Problemen kämpfen und mich mit ihnen auszutauschen war eine echte Erleichterung.
Deswegen habe ich danach versuche, eine Schreibgruppe aufzubauen und ich glaube, auch deswegen habe ich mich entschieden diese Webseite aufzubauen.
Andererseits fällt es mir unwahrscheinlich schwer, mich mit Menschen meines eigenen Schlages nur auf digitalem Wege auszutauschen. Ich habe mich natürlich in einigen Foren angemeldet, nicht zuletzt zu Werbezwecken, aber anschließend habe ich mich kaum noch dort beteiligt.
Ich habe das Gefühl, auch dort nicht hineinzupassen. Dabei habe ich es noch nicht einmal richtig versucht.
Wahrscheinlich habe ich einfach Angst. Denn ich neige dazu, mich mit anderen Menschen zu vergleichen und die Leute, die in diesen Foren aktiv sind, haben zum Teil schon Romane veröffentlicht und geben ihrer Leidenschaft in ihrem Leben sehr viel mehr Raum, als ich es tue.
Dem Gegenüber fühle ich mich wie ein kleines Licht und bin ganz schlicht verunsichert.
Und ich weiß selbst, wie unsinnig das ist. Keiner dieser Menschen ist wie ich und hat dementsprechend ganz andere Voraussetzungen. Hatte vielleicht mehr Elan, mehr Durchhaltevermögen oder schlicht mehr Glück als ich.
Da ist es doch völlig klar, dass wir an völlig unterschiedlichen Punkten stehen. Und das ist auch in Ordnung. Schließlich bin ich mit dem Schreiben, wie es gerade läuft, wirklich glücklich. Was mich belastet ist wieder einmal nur der Druck, den ich mir selbst mache. Ich sollte akzeptieren, dass meine Energie begrenzt ist und ich dementsprechend Prioritäten setzten muss. Und wenn das bedeutet, dass ich weniger für meine Webseite arbeiten kann, um mehr zu schreiben, dann ist das ein fairer Tausch, finde ich.
Denn am Ende geht es nur darum, dass ich glücklich bin. Und was das heißt, darf ich ganz allein definieren.
Wie es weitergeht
Woran ich hingegen nicht mehr zweifle, ist mein Vorhaben, mein Manuskript, wenn es denn mal fertig ist, an einige Verlage zu schicken.
Wenn ich ehrlich bin, habe ich das nie ernsthaft versucht. Beim letzten Anlauf waren weder ich noch mein Manuskript reif genug dafür. Ja der Erstentwurf war ja noch nicht einmal fertig.
Doch der Schlag, den mir die Ablehnung von damals versetzt hat, wirkt offenbar immer noch nach. Und auch die Erfahrungsberichte von anderen Schriftstellern haben nicht gerade dazu beigetragen, mir meine Furcht zu nehmen. Genauso wenig wie mein seitdem erworbenes Wissen um die Strukturen hinter der Verlagswelt.
Aber nur, weil ich mich diesem System öffne, heißt es noch lange nicht, dass ich es vollständig gutheiße. So einfach ist die Welt nicht gestrickt.
Und sollten sich am Ende meine Befürchtungen doch bewahrheiten und meine Geschichte von Lektoren verkrüppelt werden, um in ein bestimmtes Genre und zu einer adäquaten Zielgruppe zu passen, kann ich immer noch einen Rückzieher machen. Hoffe ich …
Doch ich will mich nicht von solchen Ängsten herumschubsen lassen. Ich will es wagen, auch wenn ich mich dadurch womöglich wieder mit Ablehnung konfrontiere. Doch wer nicht versucht, seine Flügel zu benutzen, der kann sie sich auch gleich abschlagen.
Und ich werde mir meine nicht stutzen lassen. Ich bin und bleibe eine Träumerin.
© 2022 Lilli Schwarz | Alle Rechte vorbehalten
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